Der individuelle Sanierungsfahrplan (iSFP) – Nutzen, Aufbau und Relevanz für Wohngebäude aller Art
Die energetische Modernisierung von Wohngebäuden ist in den letzten Jahren zu einem zentralen Thema geworden. Steigende Energiepreise, neue gesetzliche Anforderungen, der Wunsch nach langfristiger Kostenstabilität und der zunehmende Fokus auf Klimaschutz führen dazu, dass Eigentümerinnen und Eigentümer sich intensiver mit dem Zustand ihrer Gebäude auseinandersetzen. Allerdings stehen viele vor der Frage, wie sie den Überblick behalten und welche Maßnahmen wirklich sinnvoll, wirtschaftlich und zukunftssicher sind.
Der individuelle Sanierungsfahrplan (iSFP) bietet Antworten auf genau diese Fragen. Als staatlich gefördertes Instrument der Energieberatung stellt er eine strukturierte Grundlage dar, um Sanierungen über mehrere Jahre hinweg technisch sinnvoll und wirtschaftlich planbar zu gestalten. Der iSFP richtet sich nicht nur an Einfamilienhaus-Besitzer, sondern an alle Wohngebäudeeigentümer, darunter:
• Eigentümer von Ein- und Zweifamilienhäusern
• Vermieter von Mehrfamilienhäusern (MFH)
• Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG)
• Private und institutionelle Eigentümer von Wohnungsbeständen
• Erwerber von Bestandsimmobilien
Dieser Artikel erläutert den Zweck, den Inhalt, den Ablauf und die konkreten Vorteile eines iSFP – und zeigt, warum er für sehr unterschiedliche Gebäudetypen eine sinnvolle Grundlage darstellt.
Was ist ein individueller Sanierungsfahrplan (iSFP)?
Ein iSFP ist ein strukturiertes Beratungsinstrument, das den energetischen Zustand eines Gebäudes analysiert und darauf aufbauend sinnvolle Sanierungsmaßnahmen empfiehlt. Dabei wird nicht nur eine Einzelmaßnahme betrachtet, sondern ein individuell abgestimmtes Gesamtkonzept, das die technische Reihenfolge, Kosten, Einsparpotenziale, Synergien und langfristige Effekte berücksichtigt.
Der iSFP wird ausschließlich durch zugelassene Energieberaterinnen und Energieberater erstellt, deren Leistungen im Rahmen der Bundesförderung für Energieberatung für Wohngebäude (EBW) bezuschusst werden. Die Kosten für Eigentümer werden dadurch deutlich reduziert.
Ein iSFP ist geeignet für alle Arten von Wohngebäuden – vom kleinen Einfamilienhaus bis zum großen Mehrfamilienkomplex.
Zielsetzung des iSFP
Der Sanierungsfahrplan verfolgt mehrere zentrale Ziele:
• Transparenz über den Gebäudebestand
Eigentümer erhalten einen klaren Überblick über energetische Schwachstellen und Potenziale.
• Darstellung sinnvoller Maßnahmenpakete
Die Maßnahmen werden technisch logisch aufgebaut und aufeinander abgestimmt.
• Wirtschaftliche Bewertung
Jede Empfehlung wird hinsichtlich Kosten, Einsparungen und Amortisation analysiert.
• Langfristige Planungssicherheit
Gerade für WEGs und größere Wohnungsbestände ist die zeitliche Staffelung entscheidend.
• Synergien erkennen und kostspielige Fehlentscheidungen vermeiden
Der iSFP zeigt Abhängigkeiten zwischen Bauteilen und technischen Systemen.
Damit eignet sich der iSFP sowohl für kleine Modernisierungsschritte als auch für umfangreiche Sanierungsprogramme.
Aufbau und Inhalte eines iSFP
Bestandsaufnahme des Gebäudes
Die Erstellung beginnt mit der detaillierten Dokumentation:
• Bauteilaufbauten
• Heiztechnik und Warmwasserbereitung
• Lüftungs- und Versorgungssysteme
• Gebäudekubatur und Nutzung
• Energieverbräuche der letzten Jahre
• Ereignisse wie vergangene Modernisierungen oder Schäden
Gerade bei WEGs und MFH ist diese systematische Erfassung besonders wertvoll, da unterschiedliche Bauabschnitte und Modernisierungsstände zu berücksichtigen sind.
Energetische Analyse des Ist-Zustands
Hier werden Energiebedarf, Wärmeverluste und Emissionen ermittelt. Die Darstellung zeigt:
• End- und Primärenergiebedarf
• CO₂-Emissionen
• Wärmeverluste nach Bauteilen
• Effizienz der Heizungs- und Anlagentechnik
Für WEGs und Vermieter ist dies die Grundlage für objektive Entscheidungen und transparente Kommunikation mit Eigentümern bzw. Mietern.
Maßnahmenkatalog
Typische Maßnahmen sind:
• Dämmung von Außenwand, Dach und Kellerdecke
• Fenstertausch und Verbesserung der Luftdichtheit
• Erneuerung oder Optimierung der Heizungsanlage
• Einsatz erneuerbarer Energien (z. B. Wärmepumpe, Solarthermie, PV)
• Maßnahmen gegen Feuchtigkeit und Schimmel
• Modernisierung der Lüftungskonzepte
Jede Maßnahme wird einzeln beschrieben, technisch eingeordnet und wirtschaftlich bewertet.
Schrittweise Sanierungsstrategie
Der wichtigste Bestandteil des iSFP ist die zeitliche Reihenfolge. Alltagspraktisch bedeutet das:
• Welche Maßnahmen sollten zuerst erfolgen?
• Welche Bauteile stehen in Abhängigkeit zueinander?
• Welche Arbeiten lassen sich sinnvoll kombinieren?
• Wie lässt sich die Belastung von Mietern oder Eigentümern minimieren?
Bei größeren Gebäuden oder WEGs spielt die Abstimmung mit Eigentümer-versammlungen und Finanzierungsplänen eine wichtige Rolle. Der iSFP erleichtert hierbei die Entscheidungsfindung erheblich.
Zielzustand und Szenarien
Der iSFP beschreibt, wie das Gebäude nach Abschluss der empfohlenen Maßnahmen aussehen könnte – z. B. Effizienzhausstandards, Emissionsreduktionen oder Betriebskosteneffekte. Diese Darstellung bietet klare Orientierung, insbesondere für Eigentümergemeinschaften.
Wirtschaftlichkeitsanalyse
Zu jeder Maßnahme werden beschrieben:
• Investitionskosten
• Energie- und CO₂-Einsparungen
• Betriebskostenwirkungen
• Amortisationszeiten
Für MFH und WEGs wird zusätzlich klar, welche Maßnahmen umlagefähig sind oder auf welche Weise die Kostenverteilung erfolgen kann.
Für wen lohnt sich ein iSFP besonders?
Der iSFP ist für alle Arten von Wohngebäuden geeignet, aber besonders vorteilhaft für:
Einfamilien- und Zweifamilienhäuser
- Übersichtliche, klare Struktur für mehrere kleine oder größere Maßnahmen
- Optimale Vorbereitung auf Heizungswechsel oder Dämmarbeiten
Vermieter von Mehrfamilienhäusern
- Planbarkeit für investive Maßnahmen über mehrere Jahre
- Verbesserte Wirtschaftlichkeit durch Maßnahmenkombination
- Transparenz in der Kommunikation mit Mietern
Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG)
- Erleichtert Entscheidungen in Eigentümerversammlungen
- Grundlage für langfristige Instandhaltungs- oder Investitionspläne
- Konfliktarm durch neutrale, nachvollziehbare Daten
Käufer von Bestandsimmobilien
- Orientierung über zukünftige Kosten
- Bewertung von Sanierungsbedarf
- Grundlage für Finanzierungsentscheidungen
Private Portfoliobesitzer und kleine Wohnungsunternehmen
- Konsistente Strategie über mehrere Gebäude hinweg
- Identifikation wirtschaftlicher Prioritäten
Kurz: Ein iSFP ist immer dann sinnvoll, wenn Energieeffizienz langfristig und strukturiert verbessert werden soll.
Vorteile eines iSFP gegenüber Einzelmaßnahmen
Technisch sinnvolle Reihenfolge statt Einzelaktionen
Unsynchronisierte Maßnahmen können zu Mehrkosten führen, beispielsweise:
- Fenster werden erneuert, bevor ein Lüftungskonzept existiert → Schimmelrisiko
- Heizung wird getauscht, bevor Dämmmaßnahmen erfolgen → überdimensionierte Anlage
- Dachsanierung ohne spätere Fassadenplanung → Details müssen später erneut angepasst werden
Der iSFP verhindert solche Situationen.
Identifikation von Synergien
Gerade bei MFH und WEG entstehen große Kostenvorteile durch gebündelte Maßnahmen.
Grundlage für Förderprogramme
Viele Förderprogramme bieten iSFP-Boni oder zusätzliche Zuschüsse, wenn Maßnahmen Bestandteil eines Fahrplans sind.
Planungssicherheit für alle Beteiligten
- Eigentümer können Investitionen zeitlich strecken.
- WEGs können Maßnahmen in Wirtschaftspläne integrieren.
- Vermieter können langfristige Maßnahmen strategisch vorbereiten
Ganzheitlich statt punktuell
Der iSFP zeigt nicht nur was gemacht werden kann, sondern warum – und wie sich einzelne Maßnahmen gegenseitig beeinflussen.
Missverständnisse und häufige Fragen
„Der iSFP verpflichtet zu nichts.“ – Richtig.
Der iSFP ist ein Beratungsdokument. Es entstehen keinerlei rechtliche Verpflichtungen.
„Er lohnt sich nur bei Komplettsanierungen.“ – Falsch.
Auch bei kleineren Maßnahmen ist er hilfreich, weil er die Wirkung im Gesamtkontext zeigt.
„Für WEGs ist das zu kompliziert.“ – Gegenteil: Er vereinfacht Entscheidungen.
Die neutrale Darstellung erleichtert Beschlüsse und reduziert Konflikte.
„Der Fahrplan ist zu technisch.“ – Nein.
Der iSFP ist bewusst laienverständlich aufbereitet.
Ablauf der Erstellung
- Erstgespräch: Ziele, Wünsche, Rahmenbedingungen
- Vor-Ort-Begehung des Gebäudes
- Datenerhebung und energetische Berechnungen
- Erstellung der Maßnahmenpakete und Wirtschaftlichkeitsbewertung
- Ausarbeitung der zeitlichen Maßnahmenfolge
- Abschlussgespräch mit Präsentation des iSFP
Bei WEGs findet oft zusätzlich eine Vorstellung im Rahmen einer Eigentümerversammlung statt.
Fazit: Ein iSFP schafft Orientierung, Wirtschaftlichkeit und Planungssicherheit
Der individuelle Sanierungsfahrplan ist ein wertvolles Instrument für alle Arten von Wohngebäuden – vom Einfamilienhaus bis zum großen Mehrfamilienhaus. Er schafft Klarheit über den Gebäudebestand, zeigt sinnvolle Maßnahmen in einer technischen und wirtschaftlichen Reihenfolge, ermöglicht langfristige Planung und hilft, Fehler sowie Mehrkosten zu vermeiden. Besonders in Zeiten steigender Energiepreise und wachsender Anforderungen an die Gebäudeeffizienz bietet der iSFP eine strukturierte Grundlage für jede zukunftsorientierte Sanierungsentscheidung.